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Entwürfe für lau?!
Weihnachten. Zeit des Gebens. Zeit des Schenkens. Alles schön und gut, aber kein Grund, Unternehmen wertvolle Arbeitszeit oder Ideen in den Rachen zu schmeißen, meint Nicolai Schwarz und wettert heute gegen kostenlose Entwurfsarbeiten. Weihnachten hin oder her.
Wie lautet die 13. Erwerbsregel: »Alles, das wert ist getan zu werden, ist auch wert für Geld getan zu werden«. Diese Ferengi-Weisheit ist natürlich überzogen, dennoch gilt im Geschäftsleben: »Wer nicht auf seine Finanzen achtet, hat schon verloren«. Warum werden trotzdem immer wieder kostenlose Entwürfe für Unternehmen angefertigt?
Darum?
Weil die Kunden es fordern? Weil es zum guten Ton gehört? Weil man sich seine Aufträge nicht aussuchen kann? Weil man an einem Pitch teilnimmt?
Gute Gründe? Bestenfalls teilweise. Denn kostenfreie Entwürfe sind schädliche Geschäftspraktiken. Schädlich für uns Designer; Kunden freuen sich natürlich über diesen »Service«.
No Spec!
Kostenlose Entwürfe bezeichnen die Amerikaner als »spec work«, spekulative Arbeiten für die es vielleicht Geld gibt, vielleicht aber auch nicht. Die Initiative No Spec wendet sich gegen solche spekulative Arbeiten und nennt zehn gute Gründe.
Mir reicht schon der erste, um keine unentgeldlichen Entwürfe abzuliefern. Im Wesentlichen verkauft ein Designer zweierlei: Arbeitszeit und Ideen. Beides wertvolle Dinge, die ich nicht bereit bin, einem Unternehmen einfach so in den Rachen zu schmeißen.
Außerdem gehört die finanzielle Entlohnung für mich zum Selbstverständnis eines Designers. Wer von sich überzeugt ist, gute Arbeit abzuliefern, dem ist diese Arbeit auch soviel wert, dass er sie nicht umsonst zur Verfügung stellt.
Professionelle Kleinarbeit
Zumal ein professioneller Designer nicht eben einen Entwurf hinklatscht. Ein gutes Design ist kundenspezifisch; man informiert sich über die Historie des Unternehmes, die Produkte, schaut, was andere Firmen in dem Bereich machen. Das kostet Zeit, die angemessen bezahlt werden will. Darüber hinaus mögen Ideen entstehen, die sich für eine Marketing-Kampagne eignen und ebenso honoriert werden sollten.
Kunden kann man nicht unbedingt vorwerfen, einen kostenfreien Entwurf zu fordern. In meinem Fall verweise ich immer auf eine meiner Hausregeln: Keine Entwürfe ohne Bezahlung. Das kann man dem Kunden klar sagen. Und ich hatte bisher keine Probleme damit.
Die Ausnahme
Von all den oben genannten Gründen, kostenlose Entwürfe abzugeben, lasse ich einen einzigen gelten: Bei großen Firmen ist es üblich, Design-Agenturen oft kostenlos gegeneinander pitchen zu lassen. In dem Fall geht es um große Budgets. Da kann es sich für große Agenturen lohnen, Zeit zu investieren, um den Pitch zu gewinnen.
Für kleine Agenturen oder Einzelkämpfer lohnt es sich meistens nicht, umsonst zu pitchen. Erst recht nicht, wenn es nur um drei- oder vierstellige Beträge geht.
Das Gesagte beziehe ich übrigens auf Entwürfe für Firmen. Für künstlerische oder gemeinnützige Projekte kann man viel eher mal einen kostenlosen Entwurf machen.
Kommentare
Jens
am 11.12.2007 - 00:31
Also ich finde den Ansatz super, natürlich ist es weit verbreitet, das ist das Problem. Auch noch so ne Sache sind die Nutzungsvergütungen hab ich schon viel gelesen, aber wirklich berechnen kann man sie ja nicht. Leider. Da sollten sich alle Designer mal zusammen tun und Striken, hehe, nur gibt es dafür zu viele.
.carsten
am 11.12.2007 - 10:23
Bin ganz Nicolai Schwarz' Meinung. Ich würde noch ergänzend hinzufügen wollen, daß es ein Unding Mancher ist, die Marktpresie durch unbeschreibliches Dumping kaputt zu machen. Solange sich voll versorgte Ehepartner, deren andere Hälfte einen gut dotierten Job hat (mal so als ein exemplarisches, erlebtes Beispiel), nicht drum kümmern müssen, ob man vom Verdienst leben kann und ein Komplettangebot für eine Hand voll Euro abgeben, kann man noch so sehr auf das Leistung-Gegenleistung Prinzip pochen. Die Frage lautet dann immer - aber da gibt es einen der macht's für lau...
@Jens: zusammenschluß ist eine gute Idee. Ergebnis müßte so eine Art Charta für gutes Marktverhalten sein. Am Ende nutzt es allen, auch wenn der Beginn von soetwas immer, immer aus einer kleinen Gruppe und nicht aus der Mehrheit besteht. Wenn sowas läuft, bin dabei!
Hildegard
am 11.12.2007 - 15:12
Hier in Deutschland gibt es mittlerweile vieles für lau, auch Designleistungen. Professionelle Designer, die trotz einer hohen Qualifikation ihren Lebensunterhalt nicht allein bestreiten können, werden von Stiftungen und Vereinen als Ein-Euro-Jobber eingesetzt, um deren Werbekampagnen erfolgreich umzusetzen.
Pro Kopf gibt es von den hiesigen Jobcentern bis zu 500,00 Euro an Fördergeldern. Davon erhält der Designer für seine Arbeit, die sich durchaus mit den Leistungen eines "regulär" Beschäftigten messen lässt, etwa 120,00 Euro im Monat. Den Rest kassiert der Verein.
Diese nicht ganz unerhebliche Tatsache sollte man berücksichtigen, wenn man dem unsäglichen Preis- und Lohndumping den Kampf ansagen möchte.
Ansgar Hein
am 11.12.2007 - 17:28
Ich sag nur: Können Sie auch altweiß? ...
F. Ukup
am 11.12.2007 - 20:28
Nach einem Tlefongespräch stellt sich heraus, dass eine unentgeltliche Umsetzung einer kleinen Website erwartet wird, erst dann das in Aussicht gestellte große Projekt... Bla bla bla.
Das ist so nicht direkt ein Pitch, aber kommt in dieser Form häufig vor. Da werden Unternehmensdaten gesammelt, Preisdumping gefördert und Mechanismen befördert, die nicht unterstützenswert sind.
Achim H
am 12.12.2007 - 13:54
@F. Ukup
hier würde ich aber genau aufpassen, ob das nicht möglicherweise nur eine Abzocke ist. Mal eben für lau etwas herstellen und im Endeffekt bekommt man den großen Auftrag nicht. Dann hat man Arbeit auf eigene Kosten geleistet und nicht eine müde Mark (sorry: Euro) verdient.
Prinzipiell habe ich nichts dagegen, auch mal etwas für Umsonst zu machen. Würde ich den größeren Auftrag jedoch nicht bekommen, dürfte die Firma die kleinere Arbeit aus dem obigen Posting bezahlen.
Umsonst ist nur der Tod und der ist schon teuer genug!
mfg Achim
Ingo
am 12.12.2007 - 18:03
Interessantes Thema. Danke.
Ich bin von Haus aus Architekt, habe mich aber auch seit geraumer Zeit mit dem Schreiben von Webseiten (nach Webstandards) beschäftigt und kenne die Thematik aus meiner Profession nur zu gut. Nur zu gerne möchten Kunden Leistungen umsonst haben (ich spreche nicht von Wettbewerben).
Uns gibt die HOAI (Honorarordnung f. Arch/Ing) vor, wie unsere Leitungen abzurechnen sind, bzw in welchem Rahmen sie sich bewegen sollten (was leider vom eigenen Berufsstand unterlaufen wird).
Gibt es so eine Honorarordnung o.ä. auch für den Bereich des (Web-)Designs?
Gruß, Ingo
Jeff
am 13.12.2007 - 11:55
Ein Freund von mir hat vor einem Jahr einen Designentwurf für ein Unternehmen und dessen anlaufende Marketingkampagne inkl. Werbeträger für Lau erstellt. Die Ideen stießen in der Chefetage auf große Zustimmung. Nach Einsicht bisheriger Referenzen durch die Marketingabteilung wurde ihm darauf ein 2 wöchiges Praktikum angeboten wurde. Das Resultat: 1 Arbeitsloser weniger. Also bitte. Es gibt genügend Gründe, die Entwürfe für Lau rechtfertigen.
Jeff
am 13.12.2007 - 11:57
Nachtrag: und natürlich eine Festanstellung.
andreas
am 13.12.2007 - 12:21
Kann man in diesem Zusammenhang ((Voraus)arbeiten für keinen oder viel zu geringes Salär) auch die reichlich vorhandenen Design-/Kreativ-/etc-Wettbewerbe grosser Firmen, Konzerne und sonstiger Anbieter nennen? Also sowas wie neuer Logoentwurf, 'n schmissiger Slogan für 'ne Plakatkampagne etc.? Das alles dann für viel zu kurzen Ruhm und Ehre, die ganzen rechtlichen Angelegenheiten gehen nach dem Contest an den Ausrichter ...
Nicolai Schwarz (Autor)
am 13.12.2007 - 12:58
@Jeff:
Ich halte das schlichtweg für Blödsinn. Herzlichen Glückwunsch an deinen Freund, der für einen kostenlosen Entwurf eine Festanstellung bekommen hat. Natürlich kann so etwas auch mal gut gehen.
Dem gegenüber stehen aber 99 andere Grafiker, die für ihren kostenlosen Entwurf gar nichts bekommen haben - außer Stress vielleicht.
Nur weil ein Mensch mal einen Sprung aus dem 10. Stockwerk überlebt hat, muss ich es ihm nicht gleichtun, um zu sehen, ob ich auch soviel Glück habe.
(Jaja, dummer Vergleich, aber ich konnte gerade nicht widerstehen...)
@andreas:
Für mich ein Grund bei solchen Logo-Wettbewerben nicht teilzunehmen. Noch dazu: Ein Logo zu entwerfen ohne mit dem Kunden darüber zu sprechen, finde ich irgendwie... befremdlich.
Gabi
am 13.12.2007 - 17:07
In der Landwirtschaft waren früher ausgiebige "Maschinenvorführungen" üblich und einige (ziemlich abgekochte) Bauern haben sich so ganze Felder kostenlos pflügen und bestellen lassen ;-)
Leo
am 07.02.2008 - 06:32
Einen Entwurf für kleine Websites (3 bis 4 stelliger Auftrag) hat man doch meist in 4 Stunden erstellt und damit kann man dann fast jeden Kunden, wenn der Entwurf gut ist, überzeugen.
Bei großen Projekten ist das Risiko, aber auch der mögliche Profit höher.
Leider kann man sich das nicht so oft leisten, mal gerade 2- 3 Wochen an einem Pitch für einen großen Auftrag zu arbeiten. In der Zeit könnte man auch 3 kleine Kunden akquirieren!
Wenn man Glück hat ;-)
Alex
am 15.03.2008 - 00:13
Also ich muss auch sagen, kostenlos gibts bei mir auch nichts mehr! Wenn der Kunde dann versucht meinen Preis mit dem versprechen von folgeaufträgen zu drücken gibts meist die gleiche Antwort:
"bei den Folgeaufträgen können wir über einen Preisnachlass reden" - oder ich gebe eine art Gutschein dazu, natürlich erst ab einem gewissen auftragswert einlösbar.
Der eine versteht diese Art der verhandlung (und gleichzeitige Kundenbindung), von dem anderen hört man nie wieder etwas.
@leo: als Alleinstreiter habe ich keine Zeit 4 Stunden umsonst zu ackern, auch wenn ich meinen Job noch so liebe! Und wenn ich die Zeit habe, werde ich nicht umsonst arbeiten sondern lieber mal eher feierabend machen... Ein größeres Unternehmen kann (vielleicht) diese Zeit investieren - allerdings weis ich auch von genügend freunden aus der branche dass sie oft bis 22 uhr in der Agentur sitzen - schon ohne Entwürfe für Lau!
Leo
am 10.04.2008 - 06:31
@alex
Die Zeit von 4 Stunden sollten für einen neuen Kunden immmer drin sein. Die Anfahrt und der Termin dauern ja meist schon länger.
Allerdings zeige ich die Entwürfe dem Kunden immer nur persönlich oder nach Vertragsabschluss auch online.
Ralph
am 14.04.2008 - 20:58
Ein sehr interessantes & heißes Thema. Es gibt, wie so oft im Leben, für beide Seiten Argumente. Ich selbst gebe keine Entwürfe vor der Vertragsunterzeichnung ab. Wenn ich einen Entwurf liefere, hat der Kunde meine Ideen und einen groben Designvorschlag. An dieser Idee habe ich aber Urheberrechte. Einklagbar sind diese wegen fehlenden Beweisen sehr schwer. Also lasse ich es lieber ;)
Ralph
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