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Wenn der Kunde nicht zahlt

Wenn der Kunde nicht zahlt

Im heutigen Türchen zeigt Euch Nils Pooker mehrere Wege, wie Ihr konstruktiv mit säumigen Zahlern und offenen Forderungen umgehen könnt.

Gemälde (Ausschnitt): Quentin Massys, Der Goldwägler und seine Frau. 1514. Louvre, Paris.

Noch beliebter als der Ärger mit früheren Versionen des browserähnlichen Programms aus Redmond sind Kunden, die nicht zahlen. Freelancer und Selbstständige begehen dabei oft den Fehler, das Problem zuerst auf sich selbst zu beziehen und damit große Selbstzweifel zu verursachen, frei nach dem Motto: »Was habe ich falsch gemacht?«.

Wer zahlt, der bleibt (meistens)

Sobald die Gesamtsumme eines Projektes im vierstelligen Bereich liegt, rate ich immer zu einer Anzahlung, bevor Ihr Eure Zeit und Euer Know-how einsetzt. Kunden, die das ablehnen, werden mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht die Endrechnung begleichen.

Zahlreich sind die Gründe, warum Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen wird. Die absichtliche und böswillige Verweigerung ist aber nur einer davon.

  • Je kleiner der Betrag, desto eher besteht die Gefahr, dass eine Zahlung unabsichtlich liegen bleibt oder schlicht vergessen wird
  • Der Klassiker: Urlaubsantritt oder Krankheit Eures Kunden
  • Rechnungen in einer Buchhaltung werden oft erst nach Ablauf eines Monats gezahlt oder nur an einem bestimmten Wochentag überwiesen

Vor einer Zahlungserinnerung muss immer die sorgfältige Prüfung Eurer Rechnungsstellung stehen. Glaubt mir, die Zahlungserinnerung oder verschickte Mahnung für eine auf dem eigenen Schreibtisch liegen gelassene Rechnung ist an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten.
Für die oben genannten Fälle gilt anschließend: Schreibt dem Kunden eine kurze, freundliche E-Mail und fragt, ob da irgendwas schief gelaufen sein könnte. Es sollten aber schon 14 Tage nach Ablauf der Zahlungszieles vergangen sein. Auch die freundliche Zahlungserinnerung sollte deshalb weitere 10 Tage »zum Reifen« bekommen.

Habt Ihr also ein Zahlungsziel von 10 Tagen vereinbart, und die Zahlung ist 24 Tage ab Rechnungsstellung noch nicht eingegangen, solltet Ihr nach spätestens 34 Tagen die Zahlung erhalten haben. Dieser Zeitrahmen entspricht zwar den »üblichen« 30 Tagen, wenn kein Zahlungsziel angegeben wird, andererseits gibt es aber genug Kunden, die bereits innerhalb von 48 Stunden das Geld überweisen.

Alternativen des Forderungsmanagements

Es kommt vor, dass Euer Kunde tatsächlich nicht zahlen kann. Shit happens. Ein Fehler im internen Rechnungswesen oder durch einen externen Steuerberater kann beispielsweise fünfstellige Steuernach- und vorauszahlungen oder sofort fällige Beträge für vergessene Sozialversicherungsbeiträge zur Folge haben.

Alternative Eins: letzte Ausfahrtmöglichkeit

Der nächste Schritt wäre ein so genanntes kaufmännisches Mahnschreiben mit Fristsetzung, jedoch ergänzt durch den Wink auf eine außergerichtliche Lösung und eine Möglichkeit für den Schuldner, sich zu erklären oder einen praktikablen Weg vorzuschlagen. Eine letztmögliche Chance für den Kunden, umgehend zu bezahlen.

Alternative Zwei: der Weg über Dritte

Zeichnete sich schon bei der Anzahlung ein Hinhalten ab, könnt Ihr auch ein Inkassounternehmen beauftragen, die Abwicklung zu übernehmen. Erkundigt Euch bei der Verbraucherzentrale oder der IHK über seriöse Firmen. Inkassobüros verlangen meistens einen bestimmten Prozentsatz der, dafür müsst Ihr Euch nicht mit weiteren Mahnungen herumschlagen.

Alternative Drei: auf die penetrante Tour

Auch ein sofort eingeleitetes gerichtliches Mahnverfahren wird einen notorischen Schuldner kaum beeindrucken. Der kennt das und er weiß, dass die Mühlen der Gerichte träge mahlen.

Beharrliches Nervtöten nach der Zahlungserinnerung wirkt dann Wunder, wenn Ihr davon ausgehen könnt, dass Euer Kunde bezahlen kann, aber nicht bezahlen will. Drangsaliert den säumigen Kunden per E-Mail und Telefon. Nichts ist schlimmer als ein hartnäckiger, ständig präsenter Gläubiger. Viele Schuldner werden derart mürbe, dass ihnen die Begleichung der offenen Rechnung vorteilhafter erscheint als der nervtötende Druck eines Gläubigers.

Alternative Vier: der klassische Rechtsweg

Es gibt tatsächlich Kunden, die absichtlich und immer mit der Bezahlung so lange warten, bis ein anwaltliches Mahnschreiben vorliegt. In diesem Fall wären alle genannten Alternativen erfolglos, aber das könnt Ihr vorher nicht wissen.
Der erste Schritt, den Ihr selbst gehen könnt, ist das bereits erwähnte kaufmännische Mahnschreiben, in dem Ihr eine feste Zahlungsfrist (14 Tage) setzt und rechtliche Schritte im Falle der Nichtzahlung ankündigt. Verstreicht diese Frist, folgt der Gang zu einem Anwalt, der ein sogenanntes anwaltliches Mahnschreiben aufsetzt. Wichtig ist nur, dass Ihr diesen Weg dann konsequent beschreitet; Ihr solltet nur das androhen oder versprechen, was Ihr auch einhalten könnt.

Noch ein Tipp: Notiert während der Arbeit immer Eure Stunden und Leistungen. Dieses Vorgehen ist nicht nur für die Nachkalkulation wichtig, Ihr habt auch eine genaue Dokumentation Eures Aufwands, sollte es zu einem gerichtlichen Mahnverfahren kommen.

Als Gläubiger müsst Ihr die anfallenden Kosten für das anwaltliche Mahnschreiben zunächst selbst auslegen, auch wenn diese Kosten am Ende immer der Schuldner bezahlen muss. Fakt ist aber, dass ein Totalverlust bei der Summe für eine Webseite eher unwahrscheinlich ist, und kein Kunde wird für eine Verbindlichkeit von ein paar tausend Euro die Eidesstattliche Versicherung abgeben wollen. Wagt also den Schritt zum Anwalt, geht dann auch den Weg des gerichtlichen Mahnverfahrens. Schlimmstenfalls erhaltet Ihr am Ende einen Vollstreckungstitel, Ihr behaltet aber Eure Selbstachtung.

Gemälde (Ausschnitt): Quentin Massys, Der Goldwägler und seine Frau. 1514. Louvre, Paris.

Kommentare

Kai Laborenz
am 22.12.2010 - 09:55

Für mich hat sich die Kombination aus persönlichem Gespräch und Inkasso als ideal herausgestellt. Im Gespräch klären, ob der Kunde nicht zahlen kann - und dann einen Zahlungsplan vereinbaren. Wenn er nicht zahlen will, schalten wir ein Inkassounternehmen ein. Der entgangene Prozentsatz ist dabei eher zu verschmerzen, als sich über Monate immer wieder mit dem Thema zu befassen und sich zu ärgern.

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Patrick Gerhold
am 22.12.2010 - 10:10

Ich sehe das mit den Zahlungszielen etwas anders. Zunächst einmal sei gesagt das man prinzipiell kein Zahlungsziel auf Rechnung angeben muss und Rechnung ab Erhalt sofort fällig sind. Jegliche Angaben von Zahlungszielen sind nur Kulanz und Service gegenüber dem Kunden.

Wenn man dann dem Kunden ein Zahlungsziel einräumt find ich es falsch dann nochmals 14 Tage zu warten bis eine Zahlungserinnerung folgt. Dies sollte sofort nach Ablauf der Frist passieren. Das sogar 30 Tage üblich sind ist mir neu und wär gerade für uns Einzelkämpfer nicht tragbar.

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Steinmann
am 22.12.2010 - 10:33

Nicht zahlende Kunden sind echt anstrengend. Zum Glück habe ich bisher nur wenige Erfahrung dazu sammeln müssen. Für mich hat auch das persönliche Gespräch geholfen. Mehrfaches anrufen und ein wenig auf die nerven gehen. Natürlich immer mit ein paar Tagen Abstand dazwischen. Wenn dann immer noch nichts passiert, einfach mal den Kunden überraschend besuchen fahren. Ein Besuch hat bei mir wunder bewirkt und innerhalb weniger Tage war das Geld dann auf dem Konto. Das Muss allerdings nicht immer funktionieren.

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 22.12.2010 - 10:34

@Patrick: korrekt, rechtlich gesehen gerät der Kunde mit Erhalt der Zahlung in Verzug. Rechtlich ist aber selten realistisch. Wir alle erhalten Rechnungen, die einige Tage auf dem Schreibtisch liegen bleiben. Mit Kulanz hat es also weniger zu tun, dem Kunden einen fairen Zeitrahmen für die Überweisung zu geben: erstens wird niemand einen Rechtsstreit vom Zaun brechen, wenn der Kunde nicht innerhalb von vier Tagen überwiesen hat, zweitens würde das im Falle einer Dienstleistung auch kein Richter akzeptieren, drittens wäre das die beste Lösung, einen Kunden loszuwerden.

Bei Selbstständigen Kunden oder Unternehmen wird oft das Ende des Zahlungsziels ausgeschöpft. Kommt es dann zu den von mir beschriebenen Pannen ohne böse Absicht, geht es hier tatsächlich um Kulanz. Aber die erwarten wir ja auch von Handwerkern, dem Autoschrauber oder Dienstleistern.

30 Tage waren früher die übliche und rechtlich kaum zu beanstandende Frist bei Rechnungen ohne Zahlungsziel. Gewiefte Kunden ziehen das immer noch so durch. Darum ein enges Zahlungsziel: nach 10 Tagen freundlich erinnern und nochmal 14 Tage warten. Geht es um große Beträge, empfehle ich sowieso mehrere Abschlagszahlungen, die Fristen kann dann auch jeder Einzelkämpfer tragen.

Noch ein Tipp: will, bzw. braucht man ganz schnell sein Geld, kann man Skonto einräumen. In größeren Buchhaltungen sind die Sachbearbeiter angewiesen, immer Skonto auszunutzen, da macht es die Masse. 3 Prozent Abschlag bei einer Zahlung innerhalb von 7 Tagen schmerzen den Webdesigner nicht, dafür ist der Rechnungsbetrag schnell auf dem Konto.

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JCG
am 22.12.2010 - 10:54

> Inkassobüros verlangen meistens einen bestimmten
> Prozentsatz

Nicht zwingend. Wir arbeiten z.B. seit Jahren mit der mediafinanz AG zusammen, welche das außergerichtliche Inkasso für den Gläubiger kostenfrei durchführt und die entstehenden Kosten des Zahlungsverzugs gemäß § 286 BGB gegenüber dem säumigen Schuldner geltend macht.

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 22.12.2010 - 10:55

@Kai: Ja, am wichtigsten ist immer der persönliche Kontakt. Ich kenne auch einige Unternehmen, die immer ein Inkassobüro einschalten. Ich selbst habe allerdings noch keinen Bedarf gehabt. Mahnschreiben musste ich vor 8 Jahren zuletzt aufsetzen, gerichtliche Mahnverfahren kenne ich nur aus meiner Zeit in der Kunstbranche.

@Steinmann: Ein Besuch kann prima funktionieren, das kann bei penetranten Zechprellern aber auch in die Hose gehen. Man muss aufpassen, dass zuviel nerven und persönlichen Besuchen nicht den Straftatbestand der Nötigung erfüllen. Selbst, wenn der Kunde nicht durchkommt, hat man noch zusätzlichen Ärger am Hals.

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 22.12.2010 - 11:04

@JCG: stimmt, das ist allerdings nicht die Regel, und das Thema Inkasso hätte in allen Aspekten den Rahmen dieser Artikelreihe gesprengt (ohne Werbeabsicht: in der kommenden Neuauflage meines Buches kam ich am Ende auf 21 Seiten zum Forderungsmanagement).

Für alle, die sich mit den Details zu Inkassounternehmen beschäftigen wollen: Wikipedia/wiki/Inkassounternehmen

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Claudia
am 22.12.2010 - 11:20

Das Problem sind ja oft - wie im Artikel schon geschrieben - Rechnungen mit kleineren Beträgen. Wenn ich bei Beträgen unter 100.- EUR mich schon mit Mahnverfahren etc. rumärgern darf, kostet mich das ne Menge Zeit. Und Zeit ist nunmal Geld...

Hier muß muss man dann schon abwägen, ob sich bei Kleinbeträgen ein Mahnverfahren lohnt. Ein Fallenlassen der Forderung kommt ja normal auch nicht in Frage. Denn wenn ich mehrere säumiger Kunden habe, kann sich das auch schnell zu größeren Summen summieren. Für den Designer eine Zwickmühle...

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MM
am 22.12.2010 - 12:23

korrekt, rechtlich gesehen gerät der Kunde mit Erhalt der Zahlung in Verzug.

Nein, tut er nicht! Der Betrag ist fällig, aber er ist erst nach Ablauf der Zahlungsfrist im Verzug.

30 Tage waren früher die übliche und rechtlich kaum zu beanstandende Frist bei Rechnungen ohne Zahlungsziel.

Wieso früher? Das gilt immer noch: http://dejure.org/gesetze/BGB/286.html

Ab Ablauf der Frist darf man ohne Vorwarnung mahnen und auch Verzugszinsen erheben, was hier interessanterweise völlig unerwähnt bleibt. Diese Verzugszinsen kann man mit diesem praktischen Onlinetool berechnen: http://basiszinssatz.info/

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fwolf
am 22.12.2010 - 12:44

Also ganz ehrlich: Als große Agency kann man ja gerne mal 30 Tage ins Land gehen lassen, aber für Selbständige, der mit harten Bandagen kämpft, ist das völlig surreal.

Bei mir stehen bei allen Kunden eine bestimmte Anzahl von Werktagen für das Zahlungsziel drauf (kaum zu glauben: Samstag ist auch ein Werktag!), dass sind normalerweise mindestens 7, bei manchen Kunden, von denen ich weiß, dass deren FiBu gerne mal im Aktenschrank einschläft, gibt es auch eine verlängerte Fristsetzung.

Da ich mir den ganzen Quatsch und Stress mit der ewigen Abmahnerei und dann kommt doch nix dabei raus inzwischen spare, wird nach der 2. Mahnung mit Fristsetzung, spätestens nach 2 - 3 nach Ablauf der Frist ein Inkasso-Unternehmen meiner Wahl (derzeit die EuroTreuhand Inkasso) beauftragt, in meinem Namen Gutes (für mich) zu tun. Die ETI kostet mich übrigens auch keinen müden Cent, das wird ebenfalls über den Schuldner abgerechnet.

Sonst müsste ich ja einen Betrag X für die ganze Rennerei selber berechnen, usw. usf. Das Gekasperl spar ich mir damit. Habe ich im vergangenen Jahr schon oft genug gehabt - und irgendwo ist es auch meine gottverdammte Zeit, die dabei drauf geht, einem zahlungsunwilligen oder schlichtweg verpeilten Kunden hinterherzurennen. Zeit, die ich sinnvoller hätte verwenden können, etwa um für andere Kunden, die sich "artig" verhalten, weitere Projekte umsetzen zu können.

Besonders uneinsichtige, rechtlich vermeintlich abgesicherte Kunden erreicht man aber auch nur via gerichtliches Mahnverfahren (wenn überhaupt!); das sind dann auch Kunden, mit denen ich künftig keinerlei Geschäfte tätige, denn ab diesem Zeitpunkt ist das Vertrauen von meiner Seite her völlig gestorben. Und darum geht es meiner Ansicht nach bei einem gesunden Kunden-Auftragsnehmer-Verhältnis: Vertrauen und Fairness auf beiden Seiten.

cu, w0lf.

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 22.12.2010 - 12:54

@MM Ich bin kein Anwalt, aber: "...spätestens in Verzug" (§286, Abs 3). Das war meines Wissens 2002 eine wichtige Änderung, vorher kam der Schuldner nämlich erst 30 Tage ab Zugang in Verzug. Ich bezog das ja auf die von vielen praktizierte Formulierung ohne Zahlungsziel.

Zur Mahnung und zu Verzugszinsen: Ja nun, ich halte nicht viel von derartigen Keulen, außer man hat einen Kunden komplett falsch eingeschätzt und ist froh, ihn los zu werden. Ansonsten ist die Mahnung ohne Vorwarnung in einer Branche, die auf umfassende Kundenkommunikation und enge Zusammenarbeit ausgelegt ist, eher schädlich. Rechtsanwälte sehen sowas übrigens offiziell anders, aber die, die ich kenne, warten selbst auch mit Mahnungen und versenden die schon garnicht ohne Vorwarnung an bestehende Mandanten.

Du hast natürlich recht, man kann das so handhaben. Eine E-Mail zu versenden oder kurz anzurufen geht allerdings weitaus schneller als eine offizielle Mahnung zu schreiben, einzutüten, zur Post zu bringen und dabei auch noch für einen ordnungsgemäßen Zugang zu sorgen. Wirtschaftlich ein schlechtes Geschäft. Die Verzugszinsen werden einen notorischen Zechpreller außerdem nicht beeindrucken, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Da ist der persönliche Druck oder im Zweifelsfalle ein Inkassounternehmen sinnvoller.

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florian
am 22.12.2010 - 13:33

Also meine Erfahrungen sehen so aus:
· Meine Rechnungen sind nach 14 Tagen fällig, wobei ich das Datum nenne (bspw. 22.12.2010; ohne oder mit einer "lockeren" Fälligkeit schuldet der Schuldner das Geld, aber seine Schuld ist eben nicht fällig -> erstmal keine rechtlich relevanten Schritte möglich; übrigens ist von einer nach Tagen bestimmten "(Nach-)Frist" im Gesetz keine Rede, das Richterrecht spricht bei Rechnungen und so von einer ANGEMESSENEN FRIST von 14 Tagen)
· Ist eine Frist um drei Tage überschritten, ist der nächste Schritt dran (drei Tage ist die höchste vereinbarte Dauer von Überweisungen in Deutschland; die meisten Kunden nehmen, wenn ich länger warte, meine Buchhaltung nicht ernst)
· Meine Schritte:
1. Rechnung (14 Tage Fälligkeit)
2. (3 Werktage Toleranz)
3. je nach Kunde: persönliches Gespräch oder Erinnerung (7 Tage)
4. (3 Werktage Toleranz)
5. Mahnung (14 Tage) (mit Mahngebühr = 2 x 0,55 Euro + Zinsen)
6. (3 Werktage Toleranz)
7. Anwalt

Seitdem ich das eingeführt habe (vor 5 Jahren oder so ...) bin ich in 99% aller Abrechnungen nicht über Stufe 3 hinausgekommen ...
Im schlimmsten Fall hatte ich dann eine Teilzahlungsvereinbarung.
In dem 1% ging es ums Hosting, da hat man dann noch andere Mittel und Wege. ;)

Meine goldenen Regeln: sachlich bleiben, mit steigender Mahnstufe immer freundlicher werden und ab Stufe 2 immer mal von §§ 286ff. BGB reden.
Die ersten beiden retten einem den Tag, die letzte das Geld.

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 22.12.2010 - 13:37

Ich sehe schon, das Thema war vermutlich zu komplex für so eine Artikellänge...

@fwolf: Vertrauen und Fairness auf beiden Seiten ist tatsächlich das wichtigste. Dazu gehört für mich auch – ich bin seit 17 Jahren selbstständig – dass zunächst eine Anzahlung oder bei größeren Summen Abschlagszahlungen fällig sind. Ohne Ausnahme.

Renne ich denen schon anfangs hinterher, bleibt die weitere Arbeit eben liegen. Darauf folgen Abschlagszahlungen auch für kleine Projektarbeiten, weitere Arbeiten wird dann nur noch nach Begleichung der Rechnungen angefangen. Das schmerzt den Kunden mehr, als auf Mahnungen oder Erinnerungen im Anschluss an erledigte Arbeiten reagieren zu müssen - oder eben nicht zu reagieren. Der Kunde bestimmt dann durch seine Zahlungsmoral selbst, wie schnell es weitergeht. Funktioniert.

Wichtig ist deshalb auch die Vertragsgestaltung oder das Angebot im Vorfeld.

Seid Ihr im Vorfeld schon unsicher, dass der "Geld spielt keine Rolle"-Kunde nur ein Blender sein könnte, ergänzt die Klausel in Angebot und Auftragsbestätigung: beide Seiten akzeptieren, dass bei Nichtbezahlung der vollständigen Summe (gilt vor allem für die Endrechnung) und nach angemessener Frist der Webdesigner die Seite wieder vom Netz nehmen kann, bis die volle Summe gezahlt wurde. Ich habe das rechtlich nicht prüfen lassen, im Zweifel gilt das aber als schriftlich Nebenabrede, gedeckt durch die Vertragsfreiheit.

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 22.12.2010 - 13:47

@florian: ja, den 286er habe ich bei einer Erinnerung auch im Dokument. Ich weiß nicht, ob das so direkt ankommt. Aber egal: wichtig ist nur, dass Kunden merken, Forderungen werden nicht vergessen. Ich selbst bin auch seit 8 Jahren frei von gerichtlichen Schritten geblieben, habe aber auch diverse Kunden abgelehnt, weil sie entweder mit eigenen Verträgen antanzten oder Anzahlungen bzw. meine Klauseln mit fadenscheinigen Versprechen großer Folgeprojekte nicht akzeptieren wollten.

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MM
am 22.12.2010 - 14:11

@Nils: Nun, der Kunde hat bei einer Rechnung ohne Zahlungsziel 30 Tage Zeit zu zahlen, erst danach kann man mahnen o.ä.

Und was Mahnen ansich angeht: Natürlich hast du recht, dass es sinnvoller ist, zunächst erst mal freundlich zu erinnern. Mache ich ja auch so und komme nicht gleich mit der "Keule" Mahnzinsen & Co. Aber ich finde dennoch, dass der Artikel diesen Rechtsanspruch durchaus erwähnen sollte. Denn sollte es zu einem gerichtlichen Mahnverfahren kommen (und ich habe das einmal bis zur Kontopfändung treiben müssen) stehen einem diese Verzugszinsen zu. Warum also verzichen.

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 22.12.2010 - 14:45

@MM: genau, ohne Zahlungsziel bleibt es bei 30 Tagen. Meine Ausführungen bezogen sich deshalb auf den Kommentar von Partick Gerhold weiter oben.

Stimmt natürlich, sobald es an ein gerichtliches Mahnverfahren geht, sind im Nachhinein Mahnzinsen mehr als gerechtfertigt. Meistens, da wirst du mir sicher zustimmen, merkt man schon im Verlauf des Projektes, wenn ein Kunde "faul" ist. In dem Fall sollte man deine Vorgehensweise auch dringend empfehlen.

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Julia Eckel
am 22.12.2010 - 14:49

Man kann ja auch im Vorfeld schon einiges beachten, damit es vielleicht gar nicht erst zum Verzug kommt und es dem Kunden leicht machen, zu zahlen. Bei kleineren Beträgen biete ich z. B. auch Zahlungsmöglichkeiten wie Paypal an. Oder Lastschrift für Kunden, die monatlich immer wieder mehrere kleinere Dinge haben.

Ansonsten wirkt kein Brief so gut wie ein Telefonat. Da wird es den meisten nämlich peinlich. Im Zweifelsfall dann der Rechtsweg - das musste ich bisher glücklicherweise aber noch nicht durchziehen.

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MM
am 22.12.2010 - 14:53

Ok, sorry, da habe ich den Bezug zum anderen Kommentar übersehen/mißverstanden. Aber dann sind wir uns ja letztlich einig..;-)

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 22.12.2010 - 14:57

@Claudia @Julia: bei kleinen Beträgen verfahre ich tatsächlich etwas zackiger. Meien Erfahrungen: hier ist eine sofortige Rechnungstellung die beste und sicherste Lösung.

Der unbewusste Vorgang aus Kundensicht: je länger der Dienstleister mit dem Versenden der Rechnung braucht, umso weniger scheint er es nötig zu haben, also kann die Zahlung ebenfalls warten ;-)

Viele Kunden können sich Wochen später nicht mehr an den erbrachten Kleckerkram erinnern, und sofortige Rechnung mit 10 Tagen Zahlungsziel und E-Mail-Erinnerung oder Anruf nach insgesamt 11 Tagen funktioniert gut.

Paypal habe ich noch nicht verwendet, wäre mal einen Versuch wert. Von Wartungsverträgen halte ich nicht viel, da hier genau das Problem der verzögerten Einforderung längst erbrachter Leistungen auftreten kann.

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florian
am 23.12.2010 - 00:06

@Nils:
Kunden abzulehnen ist manchmal sinnvoll. Die Erfahrung hab ich auch gemacht!

Übrigens ist es auch meine Erfahrung, sich Kunden zu "erziehen". Durch strikte Abrechnungen holt man nunmal das meiste heraus.
Geht man da auch nur einmal zu locker ran, erwartet der Kunde beim nächsten Mal zumindest das gleiche Entgegenkommen. Dieses "zu locker" kann auch durchaus bei Agenturen passieren, bei denen man frei mitarbeitet.

Es kann durchaus sinnvoll sein, sich von solchen Kunden zu trennen. Das kann dann die eigene Produktivität verbessern und einem eine ganze Menge Bauchschmerzen ersparen ... und das ist genau der Grund, aus dem man sich nicht von einzelnen Kunden abhängig machen sollte.

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Sven K.
am 23.12.2010 - 01:43

Hi,

ich bin durch eine Zufall auf diesen Eintrag aufmerksam geworden. Genau aus dem Grund, dass ein Kunden nicht zahlt. Erste Rechnung wurden beglichen (hier ging es um einen geringen Betrag). Zweite Rechnung verzögert bezahlt (Kunde hat zahlungsschwierigkeiten, steht aber nicht dazu). Letzte Rechnung wurde trotz 14tägigem Zahlungsziel nicht bezahlt. Vertrag und Auftrag liegen nicht schriftlich vor. Kunde möchte erst bezahlen, wenn der Quellcode übergeben wurde. In meinen Augen ist das aber eine Sicherheit des Softwareentwicklers und auch keine Selbstverständlichkeit. Entwickler hängt normalerweise den Quellcode nur das Kompilat aus. Gegen Aufpreis kann der Quellcode dann ausgehändigt werden. Gerne lass ich mich hier aber eines Besseren belehren. Ich würde gerne mal die Meinung von Fachleuten hören.

Kunde hat aber schriflich (digital) öfter deutlich gemacht, dass er weiß, dass noch eine Rechnung aussteht und dass er erst den Code prüfen möchte. Genauso hat er gesagt, dass seine Kunden mit der entwickelten Software zufrieden sind.

Mfg
Sven

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 23.12.2010 - 09:27

@florian: korrekt, wenige Kunden zu haben ist gefährlich - dabei entsteht auch eine mentale Abhängigkeit mit der Folge, Vertragsbrüche nicht konsequent genug abzulehnen. Man sollte wenigstens zusätzliche kleine Kunden bedienen können. Ein Kollege, der nur für drei Agenturen arbeitete, verlor mit einem Kunden über Nacht 33 % seines Umsatzes und Gewinns.

@Sven: Wie gesagt, ich bin kein Rechtsanwalt. Es hört sich nicht gerade nach einem klassischen Webprojekt an, eher nach Softwareentwicklung. Es kommt zuerst immer auf die Rechtsgrundlage an, also der Frage, was vertraglich vereinbart wurde. Grundsätzlich muss ein Kunde das Recht haben, den Quellcode prüfen zu können, bei einer Webseite ist das ja kein Problem. Handelt es sich um HTML, ist Validierung ein Stichwort, ist es eine Sprache, gibt es evtl. auch ein Prüftool.

Die Prüfung ist aber unabhängig von der vereinbarten Zahlung. Du solltest versuchen, zuerst den Rechnungsbetrag einzufordern. Schreibe vielleicht eine Mahnung mit dem Hinweis, dass der Quellcode mit der vollständigen Bezahlung an den Auftraggeber übergeht.

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Sven
am 23.12.2010 - 22:23

HI Nils,

danke für die schnelle Antwort. Was mache ich denn, wenn der Kunde mir trotz Zahlungserinnerung und deinen Hinweis sagt, dass es vollkommen normal sei, dass ein Auftraggeber eine Leistung überprüfen könne. Immerhin hat er das Kompilat schon betrachtet und getestet -> Und für gut bewertet. Soll ich trotzdem mahnen?

Vertrag und Auftrag liegen nicht vor. Und ja, es handelt sich nicht um eine Seite sondern um Software.

Danke!

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Dean
am 10.01.2011 - 15:59

Interessant! Ich bin auf Euch gestossen, weil ich mich umschaute im Themenbereich "Nichtzahlender Kunden". Bin Zauberer und mache nur ganz selten einen Vertrag mit meinen Kunden. Nun wurde ich drauf aufmerksam gemacht, dass dies ein grosses Risiko ist. Trotzdem machen's viele Zauberer genauso wie ich, also auf reiner Vertrauensbasis.
Meine Frage wäre nun: gibt es rechtlich einen Anspruch auf Entschädigung, wenn

a) die Leistung erbracht worden ist (von mir)
b) kein Vertrag vorhanden ist
c) mit einer Email das Drum und dran geregelt worden ist

Oder befinde ich mich in einer gesetzlosen Gegend?
Wenn jemand mehr weiss, bin ich froh um Feedback. Wohne übrigens in der Schweiz.

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