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Angebote formulieren

Angebote formulieren

Wie sollte ein aussagekräftiges Angebot strukturiert sein und welche Inhalte sollten kommuniziert werden? Nils Pooker gibt Euch heute einen Einblick in seine Vorgehensweise.

Gemälde (Ausschnitt): Jan Vermeer, Briefschreiberin und Dienstmagd, 1670. National Gallery of Ireland, Dublin.

Kunden erhalten von Webdesignern oft eine Seite mit der kurzen tabellarischen Auflistung von Leistungen samt Aufwandsschätzung, eine Seite Standardtext zu Nutzungslizenzen und dann noch die AGBs mit rechtlichen und vertraglichen Klauseln zu Haftung und Leistungserbringung – von einem Anwalt aufgesetzt, in 10-Punkt-Schriftgröße, als Blocksatztext und mit Paragraphen.

Das kann funktionieren. Das funktioniert bei vielen sogar gut. Das kann aber auch in die Hose gehen. Vielen Kunden ist das zu dünn und mit zu vielen Unbekannten behaftet. Ich möchte Euch hier meinen Weg zeigen, ein recht beschwerlicher, aber fast immer erfolgreicher Weg – auch im Wettbewerb.

Angebote im Webdesign: Beschreibung komplexer Vorgänge

Das Angebot als Kalkulation Eurer Leistungen mit Stunden- oder Tagessätzen ist als Output nur das Destillat eines Zutatenmixes unterschiedlicher Informationsebenen. Moderne Webentwicklung ist in Verbindung mit den individuellen Kunden- und Projektanforderungen eine hochkomplexe Thematik mit vielen Unbekannten.
Ein professioneller Webdesigner wird nach einem viertelstündigen Telefonat kaum ein seriöses, aussagekräftiges oder gar individuelles Angebot machen können. Das kann ein Handwerker, der das Abflussrohr Eures Waschbeckens austauscht oder ein Frisör, der Euch den genauen Preis für einen Standardhaarschnitt nennen kann.

Ich schreibe das Angebot erst, wenn alle notwendigen Informationen vorhanden sind. Stichworte sind hier Briefings, Kundengespräche und eine abgearbeitete Checkliste.

Ein umfangreiches Angebot zeigt bei mir im Idealfall eine immer wiederkehrende Struktur. Idealfall bedeutet hier den Launch eines Standardprojektes mit allen Anforderungen bezüglich Backend, Frontend, Inhalte und Gestaltung. Je nach Projektbeschreibung können einzelne Punkte obsolet werden: ein technischer Relaunch erfordert andere Angebotsinhalte als der Relaunch eines neuen Designs.
Da jedes Projekt mit anderen Rahmenbedingungen geplant, konzipiert und umgesetzt werden muss, sind festgelegte Strukturen bei der Angebotserstellung eine große Hilfe.

Struktur eines umfangreichen Angebots

  1. Projektbeschreibung
  2. Projektziel(e)
  3. Zielgruppe(n)
  4. Leitbild / Selbstverständnis
  5. Umfang und Inhalte
  6. Hinweise zu Umfang und Inhalte
  7. Informationsarchitektur und Seitenstruktur
  8. Technische Anforderungen
  9. Hinweise zur Umsetzung
  10. Gestaltung und Design
  11. Kalkulation kreativer und technischer Leistungen
  12. Rechtliche Hinweise

Projektbeschreibung, Ziel und Zielgruppe solltet Ihr jeweils in ein bis zwei Sätzen prägnant formulieren können. Hier wird die Angebotserstellung zum Prüfwerkzeug: ist das Projektziel nicht auf den Punkt und in einen Satz zu bringen, gibt es definitiv Unschärfen in der Anforderungsanalyse – in diesem Fall solltet Ihr noch einmal gezielt beim Kunden nachhaken.

Das Leitbild definiert zusammen mit den vorhergehenden Punkten die eigentlichen Rahmenbedingungen für Eure Arbeit. Alles weitere sollte sich an diesen Funktionen der Webseite orientieren.

Umfang und Inhalte werden sachlich und ausführlich dokumentieren. Hier ist auch Platz für Gesprächsnotizen oder Anmerkungen Eures Kunden. Bei den Hinweisen könnt Ihr Eure Kompetenz dann nutzen, auf die Inhalte einzugehen. Euer Rat als Profi wird von den Kunden geschätzt. Geht auf Qualität von Grafiken, Fotos und Texten ein, äußert Euch kritisch-sachlich und kompetent zu den Kundenwünschen und Vorstellungen, die in die falsche Richtung gehen – formuliert dabei aber Alternativlösungen.

Die Informationsarchitektur bildet bekanntlich als Navigation das Rückgrat des Projektes. Macht konkrete Vorschläge bezüglich Umsetzung, Art, Gestaltung oder Benennung der Menüpunkte. Die Seitenstruktur kann zum Beispiel Aufbau der Templates oder auch eine Auflistung notwendiger Seitenelemente beschreiben.

Die technischen Anforderungen umfassen die gewünschten technischen Features des Backends und Frontends, können aber ebenso Aspekte der Interaktivität beinhalten. Hier ist der Platz für die obligatorischen Anmerkungen zu Webstandards, Barrierefreiheit und Browserkompatibilitäten, oder auch SocialNetwork-Einbindungen, CSS3-Spielereien und Javascript-Funktionen.

Hinweise zur Umsetzung entsprechen den Hinweisen zu den Inhalten. Das betrifft nicht nur Aufklärung zu Browserkompatibilitäten oder mögliche Probleme beim Einsatz des gewünschten CMS. Stellt kompetent in Frage, ob vier floatende Social-Media-Kästen auf jeder Seite notwendig sind, oder weist auf die Probleme bei den vom Grafiker entwickelte Animationsvorlagen hin.

Gestaltung und Design ist nicht nur das, was Euren Kunden am meisten interessiert, es ist auch der Punkt, wo er sich besonders einbringen kann (und wird). Im Angebot erscheint dieser Bereich nun genau da, wo er hingehört: ans Ende. Diese Aufstellung ist als Fingerzeig durchaus sinnvoll: Ihr werdet sowieso parallel am Design arbeiten müssen, Ihr habt aber eine Struktur für den Workflow vorgegeben, deren innere Logik auch der Kunde begreift.

Die Kalkulation sollte transparent und detailliert die einzelnen Leistungen kommunizieren. Kunden sprechen gern davon, dass sie nur die Zahl am Ende sehen wollen, aber fast alle lesen sich jede Seite durch – auch wenn das Angebot 6 oder 8 Seiten umfasst.

Beschwerlich ist dieser Weg, weil Ihr vor der Angebotserstellung und damit vor einem möglichen Auftrag reichlich Projektarbeit leisten müsst. Ob Ihr Euch diese Arbeit pauschal vergüten lässt, spielt dabei keine Rolle. Der Lohn dieser Arbeit ist nicht nur eine solide Basis für Eure Kalkulation. Eure Chancen, den Auftrag zu bekommen ist sehr gut, auch wenn Ihr nicht der günstigste Anbieter seid.

Gemälde (Ausschnitt): Jan Vermeer, Briefschreiberin und Dienstmagd, 1670. National Gallery of Ireland, Dublin.

Kommentare

Frank
am 05.12.2010 - 10:53

Danke für den Artikel.

Der Punkt „Gestaltung und Design“ ist mir aber nicht klar. Warum am Ende? Die Gestaltung (warum eigentlich das „und Design“ in der Überschrift?) umfasst nach meinem Verständnis die ganze Konzeption, bis hin zu technischen Entscheidungen – und steht bei mir deswegen immer vor der technischen Umsetzung.

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Nicolai Schwarz

Nicolai Schwarz (Webkraut)
am 05.12.2010 - 17:11

@Frank: Das Konzept, Leitbild, Zielgruppe, technische Anforderungen sind erst einmal losgelöst von der Gestaltung. Die Umsetzung sollte im ersten Schritt auch mit Wireframes erfolgen, also gestaltlos. Das hat sich - für mich - am effektivsten erwiesen. Erst am Ende kommt das Design hinzu.

Kunden beurteilen meist nur das Design (auch wenn sie davon keine Ahnung haben). Wenn du mit dem Design anfängst, führt das zu oft in eine falsche Richtung. Wenn dein Screendesign dreispaltig ist, nützt das keinem, wenn ihr danach feststellt, dass es gar nicht genügend Inhalte für drei Spalten gibt.

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 05.12.2010 - 19:12

@Frank zur Reihenfolge: Nicolai hat das bereits thematisiert. Kunden beschäftigen sich am liebsten und leider oft ausschließlich mit dem Design. Das Design muss sich aber an den Anforderungen orientieren, Webdesign ist ja nicht l'art pour l'art. In der hier beschriebenen Reihenfolge steht der Sinn und Zweck aller Inhalte im Vordergrund. In der Praxis laufen die Inhalts- und die Designaspekte dann zumindest parallel. So vermeidet man außerdem, dass die schönste Website am Ende und oft über Jahre mit Blindtexten und Dummybildern auf dem eigenen Server verstaubt, weil der Kunde die Inhalte nicht bereitstellt.

Zu "Design und Gestaltung" – stimmt absolut, gute Frage. Die Antwort hast du selbst schon mit deinem Kommentar angerissen: Gestaltung hat für dich eine bestimmte Bedeutung, das gilt auch für Kunden. Die Definition ist im allgemeinen Sprachgebrauch oft unscharf, Kunden sagen denn z. B. "das Design ist toll, aber diese Buttons auf der Startseite gefallen mir nicht". Es ist ähnlich wie die Verwendung der Begriffe Webseite, Website oder Internetseite: semantisch betrachtet, ist die Aufzählung "Design und Gestaltung" nicht korrekt, ich gehe in der Kommunikation damit nur auf Nummer sicher, dass hier alle Aspekte des Designs angesprochen werden.

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Bastian Heist
am 06.12.2010 - 10:37

Ausgezeichnete Zusammenstellung! Da sind doch einige Punkte dabei die ich bisher völlig ausgeblendet hatte. Werde das bei meinen nächsten Angeboten mal als Referenz nutzen - vielen Dank!

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Silvia Grupp
am 07.12.2010 - 11:20

Hallo!
Gibt es denn so eine Art "Beispiel-Angebot"? Um klarer zu werden was die aufgeführten Punkte umfassen?

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 07.12.2010 - 12:21

@Silvia ein Beispielangebot wäre genauso abwegig wie eine Beispielkalkulation oder ein Beispielpreis. Grundsätzlich ist jede Anforderung an eine Webseite individuell und zu differenziert. Ich habe zu den einzelnen Punkten bereits die entsprechenden Inhalte formuliert.

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Stephan Schwenk
am 08.12.2010 - 19:10

Vielen Dank für diesen Beitrag.

Ich erstelle ebenfalls häufig sehr umfangreiche Angebote (nicht selten 10 - 20 Seiten), um meinen Kunden von Anfang an deutlich zu machen, dass es sich bei der Entwicklung einer Website um einen komplexen Prozess handelt. Dabei teile ich das Angebot in einen kaufmännischen Teil und einen Anhang auf. Der Anhang enthält dann die gesamte Leistungsbeschreibung. Wichtig dabei ist, dass beide Teile als Angebotsbestandteil deklariert werden (gegenseitig referenzieren).

Aufgrund persönlicher Erfahrung gebe ich jedoch auch zu bedenken, dass grundsätzlich die Gefahr der Weitergabe des im Angebot dargestellten Know Hows an den Wettbewerber besteht. Nämlich dann, wenn der Kunde damit zu einem anderen Anbieter rennt und man selbst nur als Informationsgeber dient.

Seitdem mir das einmal passiert ist, erkläre ich meinen Kunden, dass sie ein umfangreiches Angebot von mir erhalten, dessen Erstellung mit einem bestimmten Prozentsatz des Auftragvolumens in Rechnung gestellt wird. Dieser Betrag wird bei Auftragserteilung dann aber wieder voll angerechnet.
Das funktioniert sehr gut und wurde bisher von allen Kunden ohne Beanstandung so akzeptiert.

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Nils Pooker

Nils Pooker (Autor)
am 09.12.2010 - 21:30

@Stephan: Das Angebot zu teilen ist natürlich auch möglich, so habe ich das früher auch praktiziert. Bei dem von mir praktizierten Weg muss ich allerdings keinen Anhang mehr separat als Angebotsbestandteil deklarieren, sondern strukturiere alle Inhalte von vornherein nach den Anforderungen.

Die Gefahr der Weiterverwendung von nicht realisierten Strukturarbeiten ist natürlich immer latent vorhanden. Je stärker der potentielle Kunde im Vorfeld eingebunden wird, umso eher wird er das Original wählen und nicht die Kopie. Ich investiere viel Zeit im Vorfeld mit Gesprächen, Anforderungsanalysen des Briefings und der Erstellung von Checklisten. Damit binde ich den Interessenten und arbeite mit ihm bereits am Projekt, bevor er den eigentlichen Auftrag platziert. Vielleicht ist mir so eine Weitergabe deshalb noch nie passiert, auch wenn ich nicht der günstigste Anbieter war.

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Stephan Schwenk
am 10.12.2010 - 10:01

@Nils:

Ich investiere viel Zeit im Vorfeld mit Gesprächen, Anforderungsanalysen des Briefings und der Erstellung von Checklisten. Damit binde ich den Interessenten und arbeite mit ihm bereits am Projekt, bevor er den eigentlichen Auftrag platziert.

Das ist ein sehr guter Tipp! Ich denke, das damit eine sehr frühzeitige Kundenbindung erfolgt. Sobald ein Kunde nur auf der Suche nach Know How ist, wird er sich sicher nicht derart intensiv einbinden lassen und ich als Anbieter bin in der Lage, dies mit relativ geringem Aufwand (wiederverwendbare Checklisten) frühzeitig zu erkennen.

Das probiere ich beim nächsten Pitch gleich aus ;-) Danke!

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