Gut vorbereitet ins Kundengespräch
Die Einladung zu einem Kundengespräch oder Meeting erfordert eine sorgfältige Vorbereitung. Nils Pooker eröffnet den diesjährigen Adventskalender und gibt Euch Tipps, was Ihr aktiv leisten könnt und im Vorfeld eines Kundengespräches beachten solltet.
15.00 Uhr, Beginn des Meetings, sechs Personen. Der Grafikdesigner steckt mir rasch ein paar zusammengefaltete Seiten zu. »Das hast du ja auch, oder?«. Die Seiten sind voller Notizen, Infokästen und kleinen Grafiken: das Briefing des Kunden, zwei Wochen alt. Ich sehe die Notizen zum ersten Mal.
Das wichtigste bei einem Kundengespräch ist nicht gutes Benehmen, nicht die Hervorhebung Eurer Kompetenz, nicht eine besondere Verkaufstaktik. Sorgfältige Vorbereitung ist der eigentliche Erfolgsfaktor.
Egal, ob Euer Gegenüber aus einem Einzelkunden oder einer ganzen Teilnehmergruppe besteht: Ein Kundengespräch ist immer ein Arbeitstreffen, das zielgerichtet und ergebnisorientiert geführt werden muss. Gelegentlich werdet Ihr nur zu einem Vorgespräch geladen. Auch hier gilt der Grundsatz, dass keine Ergebnisse reine Zeitverschwendung für alle Beteiligten darstellt. Es spielt auch keine Rolle, ob der Kunde von Euch Großes oder Wichtiges erwartet. Nutzt den ersten Termin für alle notwendigen Rahmenbedingungen, die Ihr für einen Auftrag oder Angebot benötigt, Ihr solltet zumindest die genauen Anforderungen an das Projekt festhalten.
Wie wär’s mit morgen früh?
Eine gute Vorbereitung benötigt ausreichend Zeit. Ein kurzfristiges Meeting ist nur dann akzeptabel, wenn es aus triftigen Gründen kein Aufschub geben kann. Kundeninterne Unternehmens- oder Abteilungswechsel sind solche Gründe, die langfristige Abwesenheit eines für das Projekt zuständigen Ansprechpartners, oder das Problem, für eine große Entscheidergruppe den passenden Termin zu finden. Kurzfristige und damit eher chaotische Zeitplanungen können allerdings auch ein Hinweis auf grundsätzliche Probleme in der Organisation des Kunden sein. Entscheidungen in der Planungsphase werden dann so lange hinausgezögert, dass Ihr für die Umsetzung nur einen engen Zeitrahmen habt. Erläutert dem Kunden die Notwendigkeit ausreichender Vorbereitung und bittet um eine Woche Zeit.
Die erste Frage Eurer Vorbereitung lautet: um wen geht es? Einen kurzen Blick auf die Webseite des Kunden zu werfen und die ersten vier externen Google-Verweise zu inspizieren, wird kaum eine klare Analyse Eures Kunden bringen. Auch wenn Ihr kein Briefing und nur ein paar Kurzinfos erhalten habt, selbst über die schlechteste Webseite erhaltet Ihr Infos, die für den Content einer Webseite am wichtigsten sind: Ziele, Inhalte und Schwerpunkte. Lasst Euch alles zusenden, was der Kunde an Informationen bieten kann: Werbemittel, Briefings, vielleicht ein Entwurf für die neue Webseite.
Zeit benötigt Ihr auch für das Gespräch selbst. Kunden, die Euch 30 Minuten schenken wollen, möchten nur ein lockeres, unverbindliches Gespräch führen. Eure Zeit ist jedoch ebenso wertvoll wie die des Kunden. Für so ein »Kennenlerngespräch« ist eine Telefonkonferenz oder ein direktes Telefonat mit dem Kunden vollkommen ausreichend. Ein effektives und zielführendes Meeting dauert mindestens eine Stunde, besser zwei. Ihr könnt offen und klar mit der Komplexität moderner Webentwicklung argumentieren, warum diese Zeit nötig ist. Die meisten Kunden können das nachvollziehen.
Checklisten
Aufmerksame Leser wissen, dass ich ein großer Freund von Checklisten bin. Ist der Kunde bis zum Gespräch noch mindestens eine Woche verfügbar, solltet Ihr umgehend einen Katalog mit allen wichtigen Fragen erstellen und ebenso schnell versenden, um die Rahmenbedingungen Eurer Arbeit schon im Vorfeld zu verifizieren. Ein Briefing ist eine ideale Grundlage und Ergänzung, aber kein Ersatz. Wenn Ihr eine Checkliste erstellt, werdet Ihr schnell erkennen, wie viele wichtige Fragen noch offen sind, auch wenn das Briefing 20 oder 50 Seiten umfasst.
Es reicht oft aus, wenn Ihr den Fragenkatalog einen Tag vor dem Meeting ausgefüllt zurückbekommt. Ergänzt gegebenenfalls weitere Bemerkungen oder Nachfragen und druckt das Dokument aus. Ihr werdet nicht nur selbstsicher ins Kundengespräch gehen, alle Beteiligten werden ein zielgerichtetes und ergebnisorientiertes Meeting erleben.
Kommunikation und Kollaboration
Das anfängliche Beispiel zeigt, dass die beste Vorbereitung daneben geht, wenn Ihr nicht alle relevanten Informationen besitzt. Sobald Ihr im Team oder mit externen Dienstleistern arbeitet, ist eine ständige Kommunikation innerhalb der Gruppe zwingend erforderlich. Nutzt irgendein System oder Tool, aber nutzt eines – Hauptsache, alle halten sich daran. Neben Ticketsystemen könnt Ihr auch GoogleDocs, Basecamp oder einen gemeinsam genutzten Dropbox-Ordner verwenden.
Gemälde (Ausschnitt): Raffael, Schule von Athen. Fresko, 1510-1511. Vatikan, Stanzen des Raffael.
Kommentare
webmatr1x
am 01.12.2010 - 09:54
Zeit ist Geld!
Ich hatte schon Kunden, die meinten dass ich doch einfach mal vorbei kommen soll!
Nach einer Emailkonversation stellte sich dann heraus, dass die Kosten doch etwas höher sind und die netten Herren sich das nicht leisten können!
Zeit ist Geld!
nik
am 01.12.2010 - 15:43
Leider erlebe ich immer wieder, dass eher meine Auftraggeber schlecht vorbereitet sind, keine Vorstellungen vom eigenen Projekt oder eigentlich gar keine Zeit für ein Gespräch haben und es nicht einmal schaffen, für 2 Stunden das Handy auszuschalten.
christian
am 01.12.2010 - 17:23
Wie rechnet ihr solche Meetings am besten ab? Nach Zeit? Oder sind die bei Euch in den Projektkosten inklusive?
Michael
am 01.12.2010 - 19:52
Zeit ist Geld!
Dem kann ich mich nur anschließen. Da Preise im Bereich von Webprojekten selten von Kundenseite eingeschätzt werden können, kläre ich dies gerne so früh wie möglich. Der ein oder andere mag behaupten, dass diese Vorgehensweise unangebracht ist und man sich doch erst kennen lernen sollte, bevor man über Preise spricht, aber das sehe ich anders, wenn man es ehrlich kommuniziert.
Eine Frage wie "Was stellen Sie sich grob vor und mit welchem Budget rechnen Sie?" beantworten Interessenten meiner Erfahrung nach gerne. Liegen die Preisvorstellungen schon am Anfang zu weit auseinander, dann ist dies oft eine schlechte Verhandlungsgrundlage für beide Parteien. Klärt man dies direkt zu Anfang, so weiß jeder, worauf er sich in den folgenden Gesprächen einlässt und auch der Kunde hat keine Zeit zu verschenken.
@christian
Das ist immer ein schwieriges Thema und kommt auf das Projekt an. Betreue ich einen Kunden, dann ist das erste Telefonat oder ein Meeting im Zeitrahmen von ca. 30 Minuten (falls der Kunde um die Ecke wohnt) grundsätzlich kostenfrei.
Gleichzeitig bezahlt der Kunde diese Zeit aber dann trotzdem wenn er letztendlich zum Kunden wird, da solche Vorstellungsgespräche, Telefonate wie auch Verwaltungstätigkeiten insgesamt auf den Stunden- bzw. Tagessatz aufgerechnet werden. Wenn ich für jedes Telefonat eine Rechnung stellen würde und der Interessent wird nicht zum Kunden, dann wird das wohl nicht mit Freude aufgenommen.
Ich bezahle schließlich auch keinen Autohändler, wenn ich mich beraten lasse und doch kein Auto kaufe.
Wenn das erste Gespräch dann stattgefunden hat erstelle ich ein Angebot, welches auch den Posten Projektmanagement enthält. Dieser beinhaltet kalkulierte Zeiten für Meetings, Telefonate, E-Mails, Korrekturabsprachen und allgemeiner Kundenkontakt. Je nach Projekt sind das bei mir im Schnitt 3 bis 6 Stunden.
Bei Agenturen sieht das dann doch eher so aus, dass ich nach Stunden bzw. Tagen abrechne. Dies liegt daran, dass man als Außenstehender Meetings und Gesprächsbedarf in Agenturen selten kalkulieren kann und eine Agentur kann mit Stunden und Tagen oft besser rechnen, da sie selbst ein Gefühl dafür haben, wie lange welche Arbeit benötigt.
Zu diesem Thema der Kalkulation und wie die "kostenfreien" Meetings und alle anderen Tätigkeiten, welche nicht auf einen Kunden direkt zurückzuführen sind, abgerechnet werden und sich daraus der Stunden- und Tagessatz ergibt, kann ich dir das Buch "Der erfolgreiche Webdesigner" empfehlen. Welch ein Zufall, dass das ausgerechnet von Nils Pooker ist ;)
Auch die von ihm angesprochenen Checklisten finden sich dort wieder.
Bastian Heist
am 01.12.2010 - 21:48
Schließe mich Michael an, ich denke diese Art der Verrechnung ist die sinnvollste. Das gleiche gilt für alle administrativen Aufgaben und auch Marketing - irgendjemand muss ja die Zeit bezahlen.
Was ich persönlich generell für Meetings empfehlen würde: Ziele setzen und am Anfang besprechen. Wenn die Ziele eines Meetings klar sind, fällt es viel leichter, beim Thema zu bleiben und die Ergebnisse nicht aus den Augen zu verlieren. Ich denke jeder von uns saß schon in Meetings und dachte sich "Was mache ich eigentlich hier?" - als professioneller Freelancer hat man die Chance, so etwas durch Moderation und Vorbereitung zu vermeiden.
Nils Pooker (Autor)
am 02.12.2010 - 08:27
Danke für Eure konstruktiven und interessanten Kommentare.
Zur Abrechnung: Michael und Bastian haben das bereits umfassend erläutert. Ich selbst mache das oft vom einzelnen Kunden, seiner Medienkompetenz und dem Grad seiner Vorbereitung abhängig.
Wenn Ihr das Meeting - aus welchen Gründen auch immer - in Rechnung stellen wollt, solltet Ihr das klar im Vorfeld kommunizieren. Könnt Ihr mit konstruktiven Ergebnissen und einem lukrativen Auftrag ohne Preisdiskussionen rechnen, könnt Ihr Eurem Kunden u.U. diesen Posten später auch erlassen ("wird im Falle einer Auftragserteilung verrechnet") oder den Posten für Projektmanagement/Projektkommunikation im Angebot reduzieren.
Sind die Chancen eher durchwachsen, ist der Kunde eher unzuverlässig und rechnet Ihr mit einem Smalltalk, schickt im Vorfeld ein Angebot für das Meeting, abgerechnet nach vollem oder reduziertem Stundensatz.
Fahrkosten/Spesen ab einer gewissen Höhe (lange Anfahrtstrecke, Flug, Übernachtung etc.) solltet Ihr immer in Rechnung stellen.
Die Kommentare sind geschlossen.