Webkrauts

Wir haben noch nicht alle älteren Artikel nachbearbeitet. Das bezieht sich in der Regel nur auf die Codebeispiele, die noch nicht optimal dargestellt werden.

Die Dinge beim Namen nennen

»Nur wo X drauf steht, ist auch X drin.« Diesen Spruch kennen wir in verschiedenen Varianten aus der Werbung. Wir Webworker sollten uns an einen abgewandelten Spruch halten: »Wo X hinter steckt, steht auch X drauf«; meint Nicolai Schwarz und beschäftigt sich heute mit Navigationen.

Die Navigation ist dazu da, um den Nutzer möglichst schnell und einfach zu den gewünschten Informationen zu führen. Dazu wählen wir ebenso einfache Worte, die so gut es geht erläutern, was sich hinter den Menüpunkten verbrigt. Wie so oft gilt es auch hier, an die Zielgruppe zu denken. Webworkern kann man sicher Wörter wie »Feedback«, »Newsfeeds« oder »Disclaimer« zumuten. Bei anderen Zielgruppen muss man aufpassen, was man in eine Navigation schreibt.

Das fängt schon beim ersten Punkt an: der Homepage. Denn während wir genau wissen, was mit einer »Homepage« gemeint ist, können andere damit vielleicht nichts anfangen. Noch 2005 zeigte eine Wording-Studie (schönes Wort), dass 46 Prozent der Befragten die Bezeichnung »Startseite« bevorzugten, während sich nur 10 Prozent mit einer englischen »Homepage« anfreunden können.

Wenn es klarer geht, texte klarer

Die Grafik rechts zeigt die Navigation eines Steuerberaters. Hinter »Wir über uns«, »Existenzgründer« oder »Wirtschaftsnews« kann man sich noch etwas vorstellen. Bei »Aktiver Steuerberatung« zucken schon die Augenbrauen. Klickt jemand, der eine einfache »Steuerberatung« braucht, auf »aktive Steuerberatung«? In diesem Fall vermutlich ja, weil es die einzige Stelle in der Navigation ist, an der von "Steuerberatung" die Rede ist. Trotzdem stellt sich die Frage, ob das »aktiv« an dieser Stelle wirklich nötig ist. Der Steuerberater möchte hier bereits seine Philosophie der Steuerberatung rüberbringen. Das kann er machen, wenn er dafür in Kauf nimmt, dass er einige Besucher verwirrt.

Ebenso unklar ist das »Online-Formular«: Um was für ein Formular geht es? Ist es ein Steuerrechner? Kann ich Unterlagen anfordern? In dem Fall geht es um ein Kontaktformular. Dementsprechend wäre »Kontaktformular« oder auch »Kontakt« besser gewählt.

Dass beim Menüpunkt »Wirtschaftsnews« ein »t« fehlt, kann zwar passieren, ist aber an zentraler Stelle unglücklich und hätte in mehreren Monaten korrigiert werden können.

Mehr Fragen

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Was sucht ein »mehr« in der Navigation neben den »Leistungen«? Gibt es A-Leistungen und dann noch einmal B-Leistungen?

Und was verbirgt sich hinter »Ihre Fragen«? Eine Frage- und Antwort-Seite im Sinne eines FAQ? In diesem Fall der Aufruf, sich an den Steuerberater zu wenden. Auch hier wäre »Kontakt« sinnvoller.

Verwirrung in der IT

In diesem Beispiel sind ein paar Menüpunkte eines IT-Informationsportales zu sehen. Verwirrend sind hier die Punkte »Partnerzones«, »Datenbanken« und »Meine Seite«.

Was verbirgt sich wohl hinter »Partnerzones«? Ein Partnerprogramm ähnlich zu dem von Amazon vielleicht? Kann man selbst zum Partner werden? Sind es Links zu den Partnern der Portals? Nach einigen Klicks rät man, dass es sich hier um Channels einiger Partner handelt – richtig klar wird es nicht. Sie bieten Schwerpunkte zu Themen rund um Microsoft, IBM oder Abmahnungen. Wenn dem so ist, wäre vielleicht ein Titel wie »Schwerpunkte« oder »IT-Specials« besser.

Die »Datenbanken« sind ebenso mysteriös. Was für Datenbanken? Mit welchen Inhalten? Ein Klick enthüllt einen »Anbieter-Index A-Z« samt zugehöriger Suche. Warum nennt man den Menüpunkt dann nicht ebenso »Anbieter-Index«? Vermutlich, damit ich Material für einen Webkrauts-Artikel habe.

Amüsant finde ich immer einen Punkt »Meine Seite« auf Websites, die ich noch nie besucht habe. Wie komme ich so schnell an eine eigene Seite? Hier werden mir diverse Newsletter angeboten mit der Möglichkeit, mich anzumelden bzw. zu registrieren. Wenn Newsletter der einzige Nutzen der Anmeldung sind, warum nennen sie den Menüpunkt nicht gleich »Newsletter«? Und wenn es über die Newsletter hinaus weitere Vorteile gäbe, warum werden die nicht augeflistet?

Kreativität auf Kosten der Klarheit

Die Navigation ist nicht dazu da, um clever zu texten. Es geht um Einfachheit. Damit möglichst viele Leute verstehen, was sie erwartet, wenn sie auf einen Menüpunkt klicken.

Ich habe neulich eine Webseite für einen Pianisten leicht modernisiert. In dem Fall sollten von der alten Seite die musikalischen Begriffe in der Navigation übernommen werden. Zu lesen ist also »Prelude«, »Vorspiel« oder »Ovationen«. Erst, wenn man mit der Maus über die Menüpunkte fährt, ändern sich die Worte zu »Intro« (Startseite), »Hörproben« und »Referenzen«.

Bei den ersten Begriffen ist erst einmal nicht klar, was sich dahinter verbirgt. Die Worte passen zum Thema, weil es sich um eine musikalisch geprägte Seite handelt. Aber sowohl dem Entwickler als auch dem Kunden muss klar sein, dass die »kreative« Navigation auf Kosten der Klarheit geht und neue Besucher zunächst irritiert.