PDF-Dateien im Kontrastmodus lesen!? Alternativen zum Adobe Reader
Barrierefreie Dokumente
Dem ungehinderten, kontrastreichen Lesevergnügen von PDF-Dateien steht oft der Adobe Reader entgegen. Sein Kontrastmodus birgt einige Probleme, die das Lesen mitunter unmöglich machen. Alternative Reader liefern hier deutlich bessere Ergebisse.
Hinweis 27.04.2019: Bei vorhandenen Testdokumenten konnten zuletzt sehr deutliche positive Verbesserungen des Kontrastmodus des Adobe Readers festgestellt werden. Die Informationen in diesem Artikel sind daher möglicherweise veraltet.
PDF ist heute nicht mehr das barrierefreie Schmuddelformat von einst. Seit mehreren Versionen können Tags zugefügt werden. Leistungsstarke Konverter, z.B. AxesPDF, ermöglichen den standardkonformen Weg von Word nach PDF – sofern ihr Euch an grundlegende Formatierungsregeln haltet. [Ergänzung 21.04.2016: Die Aussage bezieht sich explizit auf die zum Artikel-Zeitpunkt kostenlos verfügbare Version. Da die genannte Software inzwischen kostenpflichtig ist bezieht sich die Aussage damit faktisch auf ein anderes Produkt.] Weitere Konvertierungswerkzeuge zeugen von einer intensiven Beschäftigung mit dem Format und der Verbesserung seiner Zugänglichkeit. Auch in Sachen »Prüfwerkzeuge« hat sich in den letzten Jahren einiges getan – allen voran ist hier der kostenlose PAC (PDF Accessibility Checker) zu nennen. Auch InDesign wurde hinsichtlich Barrierefreiheit in den letzten Jahren weiter verbessert, wenngleich einige Aspekte der Barrierefreiheit immer noch in Acrobat Professional nachgezogen werden müssen.
Eine barrierefreie Großbaustelle ist jedoch nach wie vor der Adobe-Kontrastmodus – schnell aufrufbar mit der Tastenkombination Strg+K, und dort unter Ein-/Ausgabehilfe → Dokumentfarben-Optionen zu finden. Er ermöglicht die Ansicht eines Dokuments z. B. mit durchgängig weißer Schrift und schwarzem Hintergrund oder anderen frei einstellbaren Farben – zumindest in der Theorie. In der Praxis funktioniert dieser Kontrastmodus allenfalls bei sehr einfachen Textdateien und auch dort nicht immer korrekt. Zwar könnte auf einen speziellen Kontrastmodus verzichtet werden, denn z.B. Windows-Systeme bieten durchaus das Definieren eigener Farben. Diese wirken sich jedoch in Adobe Reader nur auf das Menü und die Lesezeichen aus, nicht auf das PDF selber.
Haben wir z. B.
- korrekte Tags für Überschriften, Datentabellen, Listen usw. gesetzt,
- Alternativtexte für informative Grafiken vergeben,
- eine korrekte Lesereihenfolge (auf jeder einzelnen Seite)
- und die Hauptsprache definiert sowie
- einen Haken bei Tab folgt Dokumentstruktur gesetzt und
- auf Basis ausgezeichneter Überschriften die Lesezeichen gesetzt
und damit Standardprozeduren durchgeführt sowie das PDF durch den Adobe-eigenen Barrierefreiheitschecker gejagt und mit Unterstützung des PAC (hoffentlich) ein Null-Fehler-Dokument erzeugt, sorgt spätestens der Blick auf das Dokument im Adobe-Kontrastmodus für Frust. Zunächst beim geneigten Bearbeiter und danach bei Nutzern, die für ein barrierefreies Lesen auf andere Farben und stärkere Kontraste angewiesen sind.
Selbst einfache Textdokumente werden im Adobe Kontrastmodus nicht immer (vollständig) angezeigt. Die Folge: Der Nutzer sieht im wahrsten Sinne des Wortes Schwarz. Als Beispiel sei hier das Handbuch des neu veröffentlichten VIP-Readers (PDF) genannt, ein Null-Fehler-Dokument.
Wenn nun der Adobe-Kontrastmodus bereits bei einfachen Textdokumenten sozusagen aussteigt, was passiert bei PDFs mit hohem Layout-Anteil? Das kann mit nahezu jeder x-beliebigen Broschüre getestet werden: Mal präsentiert sich die gesamte PDF-Datei in Schwarz auf Schwarz, mal nur einzelne Seiten oder abhängig vom Texthintergrund einzelne Textblöcke.
Andere Reader können es
Verlassen wir hingegen die Adobe-Welt und verwenden den Foxit-Reader der Foxit-Corporation werden PDF-Dokumente im Kontrastmodus deutlich besser angezeigt. Zwar wirken sich auch hier systemweite Kontrasteinstellungen nicht auf das PDF aus, aber wie beim Adobe Reader können die entsprechenden Einstellungen schnell und bequem mit der Tastenkombination Strg-K aufgerufen werden. Unter »Accessibility → Document Color Options« kann dann ein Kontrastmodus der Wahl eingestellt werden. Je nach PDF empfiehlt sich außerdem das Setzen eines Hakens bei »Only change the content in black/white color«. Wie der folgende Screenshot sowie Tests anhand zahlreicher weiterer PDF-Dateien zeigen, hat der Foxit-Reader deutlich weniger bis keine Probleme, PDF-Dateien im Kontrastmodus anzuzeigen.
Ein weiterer Reader, der PDF-Dateien ebenfalls im Kontrastmodus lesbar macht, ist der neu veröffentlichte VIP-Reader. Er bringt außerdem ein weiteres Feature mit: einen funktionierenden Umfließen-Modus bei getaggten PDF-Dateien, der mit Adobe ebenfalls problematisch ist. Der Umfließen-Modus ist eine spezielle Vergrößerungsart, bei der die Inhalte neu umgebrochen werden und die ein starkes Vergrößern ohne waagerechten Scrollbalken zulässt. Grafiken können optional durch Klick auf das entsprechende Symbol geöffnet werden.
Der VIP-Reader (Visually Impaired People) wurde vom Schweizerischen Zentralverein für das Blindenwesen (SZB) in Kooperation mit der Stiftung Zugang für alle und dem Dienstleister xyMedia entwickelt.
Adobe muss nachbessern
Sollten sowohl einfache als auch komplexe PDF-Dateien im Adobe-Kontrastmodus leserlich sein? Ja. Adobe muss hier – ebenso wie bei seinem Umfließen-Modus – nachziehen. Immerhin ist der Adobe-Reader der weltweit meist-verwendete PDF-Reader und auf vielen PCs und Laptops bereits vorinstalliert. Vielleicht sind die Fortschritte anderer Reader für Adobe eine Motivation, die Ein- und Ausgabehilfen für sehbehinderte Leser zu verbessern. Sowohl der Foxit-Reader als auch der VIP-Reader können nicht nur bis dahin uneingeschränkt empfohlen werden und schließen im Bereich »PDF und Sehbehinderung« eine wichtige Lücke.
Kommentare
Jan Eric Hellbusch
am 24.07.2013 - 13:18
Danke für diese Einblicke. Die Barrierefreiheit von PDF (mit und ohne Tags) für Sehbehinderte ist schon lange ein echtes Problem, so dass immer wieder nach Word-Dokumenten gefragt wird. Mit den beiden alternativen PDF-Readern gibt es noch mehr Gründe, auf Barrierefreiheit in PDF zu setzen.
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