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Wie erkläre ich es meinem Kunden

Wie erkläre ich es meinem Kunden

Nach der Umsetzung eines Projekts mit Hilfe eines CMS erfolgt der kritische Schritt, die Arbeitsweise mit dem System den Redakteuren näherzubringen. Michael Grosch zeigt, wie er mit Hilfe von gezielten Schulungen, individuellen Anleitungen und ergänzenden Screencasts den Umfang - und somit den Einarbeitungs-Aufwand für die Redakteure - auf ein Minimum reduziert.

Gemälde (Ausschnitt): Jan Vermeer van Delft, Der Astronom. 1668. Louvre, Paris.

Die wachsende Leistungsfähigkeit von Content-Management-Systemen bringt leider auch meist eine gewisse Komplexität mit sich, die es weniger Technik-affinen Menschen nicht unbedingt leichter macht, mit diesen zu arbeiten. Schließlich ist ein CMS für die meisten Anwender ein Mittel zum Zweck und sollte ihnen nicht im Weg stehen, wenn sie mit dem Content, den sie im Sinn haben, das Internet bereichern möchten.

Wortschatzanpassungen

Früher habe ich die Anleitung für ein CMS eher stiefmütterlich behandelt. Dabei ging es mir wohl ähnlich wie einem Fremdsprachen-Lehrer, der Schwierigkeiten damit hat, seinen Wortschatz, dem seiner Schüler so anzupassen, dass diese ihm folgen können. Da ich mich mit dem entsprechenden CMS auskannte, genügte aus meiner damaligen Sicht eine kurze Anleitung und ein Hinweis auf die Dokumentation, die es ja schließlich für die meisten Systeme gibt.

Schulung

Heute gehe ich dieses Thema etwas anders an und das Feedback der Kunden zeigt, dass der Weg so falsch nicht sein kann. Abhängig vom verwendeten CMS reduziere ich die Benutzeroberfläche des Backends auf das für den Redakteur notwendige Minimum, um die Orientierung zu erleichtern. Wenn der Internetauftritt fertig umgesetzt und das CMS eingerichtet ist, gebe ich eine Schulung, deren Umfang sich konkret an den spezifischen Anforderungen der Redakteure orientiert. Ich gehe in dieser Schulung, gemeinsam mit den Redakteuren die notwendigen Arbeitsabläufe Schritt für Schritt anhand von praxistauglichen Beispielen durch. So kann ich auch kurzfristig auf neu auftauchende Wünsche reagieren. Wichtig ist hierbei, dass jedem Einzelnen die Möglichkeit gegeben wird, die Vorgehensweise mindestens einmal selbst durchzuspielen.

Anleitung und Screencasts

Nach der Schulung erstelle ich ein individuell an die konkreten Arbeitsabläufe und Anforderungen der Redakteure angepasste Kurzanleitung, in der anhand von Screenshots die während der Schulung näher definierte Vorgehensweise Schritt für Schritt veranschaulicht wird. Zusätzlich habe ich damit begonnen, diese Anleitung durch kurze, ohne großen Zusatzaufwand erstellbare, Screencasts zu ergänzen, da die Anschaulichkeit von Bewegtbild deutlich höher ist als von statischen Screenshots. Idealerweise erstelle ich für abgrenzbare Arbeitsablauf einzelne Screencasts, die den Redakteuren in einem passwortgeschützten Bereich zur Verfügung stehen. Wichtig ist mir sowohl bei der Anleitung als auch bei den Screencasts, dass diese auf das Wesentliche reduziert werden und unnötiges Bla-Bla vermeiden. Die Redakteure wollen schnell zum Ziel kommen und nicht unnötig aufgeblähte Dokumentationen lesen. Natürlich kann jeder Redakteur auch die allumfassenden Dokumentationen des verwendeten CMS lesen. Meine Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass kurze, aber individuelle Anleitungen (mit oder ohne Video) den Redakteuren bei der täglichen Arbeit eher helfen als unzählige Seiten an Dokumentation.

Aufwand, Kosten und Nutzen

Auch wenn der Aufwand für die Erstellung von individuellen Anleitungen und evtl. zugehörigen Screencasts auf den ersten Blick enorm erscheint, habe ich die Erfahrung gemacht, dass dies nicht zwingend der Fall sein muss. In Abhängigkeit vom verwendeten CMS kann man Standardtexte vorbereiten, die in unterschiedlichen Projekten wiederverwendet werden, so dass nur bestimmte Textpassagen und evtl. Screenshots individualisiert werden müssen. Das Gleiche gilt für die Screencasts, bei denen nicht das Ziel ist, professionelle Videos zu produzieren. Hier geht es eher darum, mit geringem zeitlichen Aufwand, einzelne Arbeitsabläufe zu filmen, die den Anleitungstext visuell ergänzen. Gerade bei kleineren Projekten kann man, um die Kosten im Rahmen zu halten, kurze Standard-Anleitungen mit Standard-Screencasts für das verwendete CMS erstellen, in denen die wichtigsten Grundfunktionalitäten erklärt werden.

Alternativen

Ich bin der Meinung, dass bei den meisten Projekten eine Anleitung (mit begleitenden Screencasts) für die verschiedenen Benutzer-Rollen ausreichend ist. Hierbei darf natürlich die Medienkompetenz der einzelnen Benutzer nicht aus den Augen verloren werden. Deshalb versuche ich, die Anleitung an der während der Schulung identifizierten geringsten Medienkompetenz auszurichten, ohne jedoch bei Adam und Eva anzufangen.

Eine erfolgreiche Anleitung für ein CMS zeichnet sich meiner Erfahrung nach durch Kürze, Individualität, Praxisorientierung und Interaktivität aus.

Andere Webworker haben ihre eigenen Lösungen für Anleitungen gebastelt. Nicolai Schwarz zum Beispiel richtet seinen Kunden ein Online-Handbuch innerhalb des Web-Projektes ein, das nur für die Redakteure sichtbar ist. Da sich bestimmte Aspekte bei verschiedenen Projekten wiederholen, nutzt er kleine Text-Includes, die zentral auf seinem Server liegen. Die Online-Handbücher beruhen zu 50 bis 80 Prozent auf diesen zentralen Texten. Wenn durch ein Modul-Update eine etwas andere Erklärung nötig wird, muss er sie nur an seiner zentralen Text-Datei ändern. Teile, die ohnehin recht allgemeingültig sind, wird er demnächst auf einer eigenen Webseite drupalfuerredakteure.de auslagern.

Eine eigene Webseite als »kleines« Handbuch hat auch Nina Gerling genutzt. In ihrem Fall ging es um Typo Light (jetzt: Contao) unter www.typolight-handbuch.de. Dieses wird allerdings nicht mehr gepflegt. Nina ist einen Schritt weiter gegangen und hat ein neues Handbuch konzipiert und geschrieben: als Offline-Buch »Contao für Redakteure«. Sie bietet ihren Kunden auch weiterhin reguläre Schulungen an, da viele Leute wesentlich schneller und besser den Umgang mit Contao erlernen, wenn man es ihnen zeigt und sie unmittelbar nachfragen können, falls sie etwas nicht verstehen. Das Buch hingegen ist für den Gesamtansatz gedacht. Es zeigt also dem Leser alle Belange, die Contao (der Kern, ohne externe Erweiterungen) dem Redakteur zur Verfügung stellt. Deshalb kann man damit eigenständig von A bis Z die redaktionelle Nutzung von Contao erlernen, oder aber zielgerichtet bestimmte Kapitel aufschlagen. Mehrere Kollegen haben ihr mittlerweile bestätigt, dass sie ihren Kunden das Handbuch nach der Fertigstellung des Projekts als »Abschiedsgeschenk« in die Hand drücken – auch wenn diese Kunden schon eine Schulung hatten.

Gemälde (Ausschnitt): Jan Vermeer van Delft, Der Astronom. 1668. Louvre, Paris.

Kommentare

nikosch
am 17.12.2010 - 15:46

Puh, also bei solchem Aufwand (Screencast) muss der Kunde aber auch bereitwillig viel Geld für Schulung investieren. Und die Gefahr scheint groß, dass die Redakteure kein Verständnis für das System entwickeln und sich streng an der medial angebotenen Klickstrecke bewegen.

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Karl
am 17.12.2010 - 18:31

Webedition ist schon für Anspruchsvolle Unternehmen gedacht, da sollte man auch eine Schulung machen und sich alles in Ruhe zeigen lassen. Ich habe neulich von einem Bekannten gehört das Webedition sogar das potential hätte, Typo3 vom Tron zu stoßen. Aber ist natürlich nur eine subjektive Meinung.

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Thomas Weise
am 21.12.2010 - 06:12

Kannst du ein bestimmtes Tool zur schnellen Erstellung der Screencasts empfehlen?

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Michael Grosch

Michael Grosch (Autor)
am 21.12.2010 - 18:05

@nikosch:
De Aufwand für die kurzen Screencasts hält sich in Grenzen, da diese nicht mehr als animierte Screenshots sein müssen. Was die "medial angebotenen Klickstrecke" angeht, habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese für die meisten Redakteure sehr hilfreich ist, da sie nicht unbedingt die Zeit investieren können, sich intensiv mit dem System auseinanderzusetzen.

@Karl:
Allerdings finde ich nicht, dass webEdition nur für "anspruchsvolle Unternehmen" gedacht ist und ob es Typo3 den Rang ablaufen wird ist vermutlich vom Einsatzgebiet abhängig, generell vermutlich eher nicht.

@Thomas:
Ich persönlich verwende v.a. für den schnellen Screencast zwischendurch Jing. Das ist kostenlos und sowohl für Mac und Windows verfügbar. Außerdem verwende ich gelegentlich noch ScreenFlow, das ist allerdings kostenpflichtig und nur für Mac verfügbar.

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